Biermarkendatenbank

Was sind Biermarken?

Biermarken sind runde oder eckige, geprägte Plättchen aus Messing, Aluminium oder Plastik. Noch vor dreißig Jahren waren sie unverzichtbarer Bestandteil fast jeden Wirtshauses und fast jeder Brauerei. Je nach ihrem Einsatzort dienten sie seit dem 19. Jahrhundert als Rechenhilfsmittel oder Gutschein. Obwohl sie „Bier-Marken“ heißen, haben sie also nichts mit den Markennamen von Bieren zu tun. Heute findet man Biermarken nur noch selten, dafür aber an prominenten Orten, wie zum Beispiel dem Münchner Oktoberfest. Vor allem aber werden sie von Numismatikern gesammelt. Viele Biermarken sind oft die letzten Erinnerungen an längst geschlossene Wirtshäuser und Brauereien. Die Abteilung Kulturarbeit und Heimatpflege des Bezirks Unterfranken hat deshalb ein Forschungsprojekt initiiert, um dieses Kulturgut zu sichern und möglichst viel über seine Verwendung zu erfahren. Der folgende kleine Bericht fasst die ersten Ergebnisse zusammen.

Farbe, Form und Material

Numismatiker ordnen Biermarken den so genannten Geschäftsmarken zu, die im 19. und 20. Jahrhundert üblich waren. Sie wurden zunächst aus Messing, später aus Aluminium und in jüngster Zeit dann aus Plastik hergestellt. In den ersten ärmeren Nachkriegsjahren nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Papierscheine als Ersatz für die Biermarken, die ähnlich den Kinomarken auf einer Rolle aufgewickelt und vorgestanzt waren. Doch starb beispielsweise die Messingmarke nicht mit der Einführung der Aluminiummarke aus. So wurden manchmal auch Biermarken verschiedener Materialien nebeneinander verwendet. So berichtete Herr Bald vom Lohrer Spessartmuseum, dass in seiner Kindheit die Messingmünzen für einen Liter Bier stand und die Aluminiummarke für einen halben Liter.[1]

Biermarken haben vielfältige Aufschriften. Brauereien und größere Gasthäuser ließen oft auf eine Seite ihren Namen drucken. Die andere Seite gibt Informationen über den Wert der Marke, zum Beispiel: „Gut für 1 Liter“. Kleinere Gasthäuser benutzten „anonyme“ Einheitsmarken, auf denen etwa ein Krug abgebildet war. Die Schriftzüge der Marken veränderten sich im Lauf der Jahre und wurden vermutlich der gängigen „Schriftmode“ angepasst.

Bei manchen Biermarken lässt sich über dem ursprünglichen Aufdruck noch ein zweiter, nachträglich angebrachter feststellen. Dieses Verfahren wurde angewendet, wenn beispielsweise eine Brauerei von der anderen übernommen wurde. Damit sollte das unberechtigte Weiterverwenden der noch im Umlauf befindlichen Marken der Vorgängerbrauerei verhindert werden.[2] Außerdem musste man so keine neuen Marken kaufen. Das Verfahren der „Punzierung“[3] (einschlagen eines neuen Aufdrucks auf einen Marke) wird nach dem Zweiten Weltkrieg auch durch einen Alberstshofener Gasthof bei alten, ungültigen 50 Pfennig-Münzen von 1921 angewandt, um daraus Biermarken herzustellen. Auf den Marken befindet sich daraufhin zusätzlich der Aufdruck K.H. Die Buchstaben stehen für den Namen Konrad Hofmann, der den Gasthof Goldener Stern in Albertshofen ab 1921 geführt hat. Diese Biermarken wurden bis vor wenigen Jahren in der Gastwirtschaft, insbesondere während der Kirchweih, noch als solche verwendet.[4]

Auch in der Form unterscheiden sie sich die Marken. Generell sind runde und eckige Marken zu unterscheiden, wovon manche eine Lochung aufweisen. Eckige Marken hatten den Vorteil, dass sie sich im Geldbeutel von den runden Geldmünzen unterscheiden ließen.[5] Gelochte Biermarken verwendeten große Brauereien als Gegenwert für den Haustrunk, der jedem Mitarbeiter zustand (und bis heute zusteht). Mit der Marke konnte eine bestimmte Menge Bier aus einem eigens aufgestellten Automaten bezogen werden.[6]

Wie alt? Woher?

Seit wann es Biermarken gibt und wer sie eingeführt hat, ist unbekannt. Münzsammler datieren die ältesten Biermarken auf die Mitte des 19. Jahrhunderts. Manch einer sieht den Ursprung der Biermarke bereits im Mittelalter, da aus dieser Zeit der Begriff „Bierzeichen“ bekannt ist und man bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Marken allgemein mit dem Begriff „Zeichen“ versah.[7] Doch diese Bierzeichen aus dem Mittelalter dienten als Steuer- bzw. Zollaufschlagszeichen oder Brauberechtigungsnachweis und müssen von den Biermarken sachlich getrennt behandelt werden.[8] Die älteste Biermarke, die der Münzsammler Herr Ankenbauer aus Schweinfurt kennt, stammt aus dem Jahre 1876. Ab diesem Zeitpunkt waren sie nach der Aussage mehrerer Gewährsleute wohl auch allgemein gebräuchlich.

Generell gestaltet es sich in den meisten Fällen schwierig, das Alter der Marken zu bestimmen. Denn nur wenn sich auf der Marke ein Name befindet und sich dieser Name eindeutig in die Geschichte einer Brauerei oder eines Gasthauses einordnen lässt, kann man damit auch etwas über ihr ungefähres Alter sagen. Steht beispielsweise ein Vorname vor dem Namen des Brauers, lässt sich anhand der Geschichte der Brauerei feststellen, wann die Marke hergestellt worden sein könnte. Auch der Name einer Brauerei oder eines Gasthauses kann weiterhelfen. Grob lässt sich dann recherchieren, in welcher Zeitspanne eine Brauerei oder ein bestimmtes Gasthaus existiert hat bzw. wer Pächter war – sollte ein bestimmter Name auf der Marke angegeben sein.

Leider haben nur wenige Marken eine individuelle Beschriftung. Die Anzahl der anonymen Marken ist weitaus größer. Hier lässt sich weder über das Alter noch über den Einsatzort Genaueres sagen.[9] Auch Form und Material helfen hier nicht unbedingt weiter, denn es gab zu jeder Zeit eckige und runde Marken. Ebenso wurden nach der Einführung der Plastikmarken auch weiterhin solche aus Messing und Aluminium verwendet.[10]

Funktionen der Biermarken

Biermarken kamen an verschiedenen Orten zum Einsatz und zwar als Wertmarke, Pfandmarke oder als Gutschein.

Als Wertmarke wurde sie auf Volksfesten und in fast allen Gasthäusern Deutschlands mit Bedienungspersonal verwendet.[11] Um den Wirtsleuten und der Bedienung das Rechnen im schnellen Ablauf des Gastbetriebes zu erleichtern und auch um einen Überblick über den Bierverbrauch zu behalten, verwendete man die Biermarken. Mit deren Hilfe mussten nicht mühsam Strichlisten geführt werden und Wirtsleute und Bedienung bei laufendem Betrieb nicht für jedes Glas Bier Geld und Wechselgeld über die Theke geben.

Die Handhabung der Biermarken war denkbar einfach: Zu Beginn ihrer Arbeit holte sich die Bedienung bei den Wirtsleuten ein bestimmtes Kontingent an Biermarken ab und deponierte sie in einem oder in einem Kasten auf dem Tresen.[12] Bestellten die Gäste Bier bei der Bedienung, kassierte diese bei ihnen ab und gab am Tresen dem Wirt die entsprechende Menge an Biermarken. Die Marken kamen entweder in eine so genannte Biermarkenkasse oder ganz schlicht in eine Schüssel, einen Bierkrug oder ein Zigarrenkästchen mit Schlitz im Deckel.

In manchen Betrieben kamen die Biermarken sämtlicher Bedienungen in einen Behälter, manchmal hatte jede Bedienung ihren eigenen. Das Verfahren unterschied sich von Betrieb zu Betrieb. Frau Rank von der Gasthausbrauerei Düll in Gnodstadt (Lkr. Kitzingen) erinnert sich, dass die Kellnerinnen ihres Gasthauses die Biermarken auf einen Teller legten, der wiederum auf einer kleinen Schüssel lag. Der Teller diente der Kontrolle. So konnte der Wirt genau sehen, ob die Kellnerin genügend Marken hingelegt hatte. Nahm die Bedienung das gezapfte Bier vom Tresen, wurden die Marken vom Wirt in die Schüssel gekippt. Die Schüssel stammte aus dem Kücheninventar des Gasthauses.

Ob die Bedienung dem Wirt die Marken zu Beginn ihrer Arbeit – zunächst von ihrem eigenen Geld – abkaufen musste oder erst am Ende des Arbeitstages mit dem Wirt abrechnete, war von Betrieb zu Betrieb verschieden. Im Brauerei Gasthof Düll erhielten die Bedienungen zu Beginn des Arbeitstages je ein selbst genähtes Stoffsäckchen, in dem sich hundert abgezählte Biermarken befanden. An Abenden mit Tanzveranstaltungen waren die hundert Biermarken schnell aufgebraucht. In diesem Fall holte sich die Kellnerin ein neues Hunderter-Säckchen. Zur Kontrolle wurden ihr die Marken noch einmal auf den Tresen hingezählt. Nach Arbeitsschluss rechnete man dann ab, wie viele Biermarken die Bedienung noch in ihrem Stoffbeutel und wie viele sie beim Wirt für das bestellte Bier abgegeben hatte. Den Wert der beim Wirt abgegebenen Marken beglich die Bedienung nun mit dem Geld, das sie im Laufe des Arbeitstages von den Gästen kassiert hatte. Die im Säckchen übrig gebliebenen Marken gab sie an den Wirt zurück.[13]

Von einer anderen Verfahrensweise berichtet Herr Hofmann aus Wernfeld (Lkr. Main-Spessart). Vor Arbeitsbeginn kauften die Bedienungen dem Wirt Biermarken ab. Blieben am Abend Marken übrig, erhielt sie das entsprechende Geld zurück. Bei beiden Verfahrensweisen hatte die Bedienung das Nachsehen, wenn sie vergaß, das Geld bei den Gästen abzukassieren.

Der Sinn, Biermarken zu benutzen, bestand also in der zügigen Abrechnung des verkauften Bieres zwischen Personal und Wirt. Neben der Erleichterung beim Rechnen hatte das System der Biermarken aber auch noch eine Kontrollfunktion. Der Wirt, aber auch die Bedienung, hatte einen Überblick, wie viel Bier wirklich ausgegeben wurde und wie viel Geld damit in die Kasse musste. Trotzdem kam es vor, dass geschummelt wurde. Frau Rank erzählte, dass eine ihrer Bedienungen ganz gern einmal behauptete, sie hätte die Marke fürs Bier schon in die Schüssel gelegt, obgleich dies nicht der Fall war. Ob auch die Wirte manchmal mogelten, blieb unerwähnt.

In Brauereien aber auch in manchen Gasthäusern verwendete man die Biermarken als Gutscheine. Von alters her hat jeder Mitarbeiter einer Brauerei Anspruch auf eine bestimmte Menge kostenfreies Bier, den so genannten Haustrunk. Marken in dieser Funktion hatten meist den Aufdruck „Haustrunk“ und waren mit einer Nummer versehen, die dem jeweiligen Mitarbeiter zugeordnet war. Die Mitarbeiter der Brauerei erhielten monatlich eine bestimmte Summe an Haustrunkmarken steuerfrei zum eigenen Gebrauch. In der Brauerei Kleinschroth in Mainstockheim (Lkr. Kitzingen) kamen bis zur Schließung in den 1980er Jahren zu den 36 Litern wöchentlichem Haustrunk noch weitere 36 Liter hinzu, die mit einem Minimal-Steuersatz belegt waren. Der Zoll machte regelmäßig Stichproben, um die korrekte Abrechnung zu kontrollieren.

Die Marken mussten im jeweiligen Monat aufgebraucht werden. Schaffte ein Mitarbeiter dies nicht, erhielt er im nächsten Monat nur noch so viele Marken, wie er im letzten Monat verbraucht hatte. Sein Verbrauch konnte anhand der aufgedruckten Nummern kontrolliert werden. Die Marken wurden entweder im betriebseigenen Braustüberl, an den Automaten in der Brauerei oder in den von der Brauerei belieferten Gasthäusern eingelöst. Allerdings schaffte es kaum ein Mitarbeiter, den gesamten Haustrunk selber zu konsumieren. Daher dienten die Marken als inoffizielle Währung, die bei der Nachbarschaftshilfe eingesetzt wurde. Man tauschte sie beim Gärtner gegen Gemüse oder beim Handwerker gegen kleine Dienstleistungen.[14] Marken ohne Nummerierung wurden von den Brauereien an Zulieferer und Helfer des Betriebes und an die Stammgäste der belieferten Wirtshäuser verschenkt. Hier übernahm die Marke auch eine Werbefunktion.

Rechtlich gesehen war und ist die Weitergabe des Haustrunks ‚zur Erlangung geldwerter Vorteile’ jedoch verboten und darf ausschließlich vom Brauereipersonal und den unmittelbaren Familienangehörigen verzehrt werden. Heute noch ist der Haustrunk Tarifbestandteil der Deutschen Brauwirtschaft und wird in allen Bundesländern in unterschiedlicher Menge pro Arbeitstag an die Beschäftigten abgegeben. Da diese Bierabgaben biersteuer- und umsatzsteuerfrei sind, gilt jede vom Tarifvertrag und Steuergesetzen abweichende Verwendung des Haustrunks als Steuerhinterziehung.[15]

Im Gasthaus Hofmann in Wernfeld (Lkr. Main-Spessart) kauften die Gastgeber bei einem Leichenschmaus Biermarken und verteilte sie an die Gäste, die sie dann umtauschten. Das Essen wurde gesondert abgerechnet.[16] Von einer weiteren Verwendung der Marke als Gutschein in Gasthäusern berichtet Herr Sotier vom Gasthof Adler in Großwenkheim. Er erzählt, dass beispielsweise bei Geburtstagsfeiern vom Jubilar Biermarken an seine Gratulanten als Dank verschenkt wurden.[17] Diese Marken wurden dann oft über eine längere Zeit hinweg peu à peu von den Beschenkten im Gasthaus von Herrn Sotier eingelöst. Ärgerlich für den Wirt war dabei, dass sich die Gäste die Marken einteilten, anstatt sie auf einen Schlag zu verbrauchen. Im Gasthaus von Herrn Sotier wurden die Marken nur als Gutschein verwendet. Der normale Gastbetrieb war zu klein, als dass man hier ein Wertmarkensystem gebraucht hätte.

Der Wirt des Brauerei-Gasthofs Düll in Gnodstadt (Lkr. Kitzingen) nahm in den 1950er/ 1960er Jahren zur Treibjagd ein Säckchen Marken mit aufs Feld. Jeder Treiber erhielt zum Abschluss zwei Biermarken, die er im Brauerei-Gasthof oder in einem vom Wirt belieferten Wirtshaus einlösen konnte. Schließlich diente die Biermarke auch als Pfand. Bei den Waldfesten des Brauerei-Gasthofs Düll setzte man sie als Pfand für die ausgegebenen Krüge ein. Als das Biermarkensystem schon längst überholt war, überdauerte die Marke in dieser Funktion im Betrieb der Familie Rank noch bis ins Jahr 1995. Seitdem wird beim Kauf des Bieres Pfand für den Krug kassiert. Bei seiner Rückgabe erhält man dann das vorher bezahlte Pfand zurück.[18]

Marken nicht nur für Bier

In den Sammlungen von Numismatikern befinden sich neben den Biermarken auch noch andere Wertmarken, etwa für Limonade und Wein. Das rentierte sich jedoch nur bei größeren Gasthäusern mit einem höheren Umsatz. Lohnte sich die Anschaffung von Marken für andere Getränke nicht, benutzte man die Biermarken auch für sie. Ein Schoppen Wein kostete beispielsweise zwei Biermarken. Bei der Limonade, die billiger als Bier war, bekam die Bedienung gleich bei Abgabe der Marke Geld zurück. Für Speisen gab es in den Gasthäusern keine Marken. Hier rechnete man mit Bonbüchern ab. Nicht zuletzt gibt es vereinzelt in den Sammelkästen der Numismatiker auch Eis-, Brot-, Pfand- und Werkzeugmarken.

Die Eismarken nutzte man nicht für Speiseeis, sondern für Stangeneis, das noch bis in die 1960er Jahre zur Kühlung gebraucht wurde. Eis wurde entweder im Eisgenerator hergestellt, am so genannten Eisgalgen, oder in der Nähe von Seen und Flüssen aus den gefrorenen Wasserflächen gehackt oder gesägt. In Kitzingen am Main etwa waren Kitzinger Fischer und Maurer und Bauern mit der Arbeit des Eissägens beschäftigt. Für alle drei Berufsgruppen bedeutete der Lohn ein willkommenes Zubrot im Winter. Beim Eismachen herrschte nach Aussage von Herrn Kleinschroth eine strenge Arbeitsteilung.[19] Die Fischer durften nur sägen, die Maurer nur verladen und die Bauern nur fahren. Die Brauerei bezahlte sie mit Geld, Freibier und Eismarken. Die Eismarken konnte man dann in der Brauerei gegen Eis eintauschen, das bis zur Erfindung des Kühlschranks noch dringend zur Kühlung gebraucht wurde. Ebenfalls Eismarken erhielt, wer von der Brauerei sein Bier bezog. Zu jedem Fass Bier gab es eine Eismarke gratis dazu. Hatte man keine Marke, kostete die Stange Eis 30 Pfennig.[20]

Eine weitere Marke aus den Schätzen der Numismatiker ist die Brotmarke. Zu diesen Marken gibt es in den Aufzeichnungen von Herrn Schardt folgende Anmerkungen: „Die Albertshofener Gärtner brachten ihr Getreide zur Mühle und diese lieferte das Mehl an die Bäckerei. Manchmal brachten auch die Gärtner das Mehl selbst zur Bäckerei. Für einen Sack Mehl erhielten sie dort 40 Brotmarken.“[21] Für eine Marke erhielt man 4 ½ kg Brot. Dazu zahlte man noch 80 Pfennige Backlohn, in jüngerer Zeit dann 4,10 DM.

Ebenso wie die Pfandmarken, die beispielsweise auf Festen mit den Bierkrügen ausgegeben wurden, dienten auch die Werkzeugmarken dem Pfandsystem. Werkzeugmarken gab es in großen Industriebetrieben wie beispielsweise den Meisterwerken in Schweinfurt. Teure Werkzeuge wurden vom Meister in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt. Wer sie nutzen wollte, musste eine Pfandmarke abgeben.

Bezugsfirmen

Die Biermarken wurden von den Brauereien oder Gasthäusern von Münzprägeanstalten in der näheren Umgebung bezogen.[22] Für Unterfranken waren hier unter anderen Lauer und Arld in Nürnberg und eine Prägerei in Heidingsfeld bei Würzburg zuständig. Der Bezug von Biermarken lief in jeder Münzprägeanstalt anders ab. Die Prägeanstalt Poellath aus Schrobenhausen in Oberbayern berichtet, dass sie Musterkataloge besaß, aus denen sich die Kunden das gewünschte Modell aussuchen konnten. Eine Mitarbeiterin der Firma Lauer in Nürnberg – einer der heute noch aktiven Prägeanstalten – erzählt, dass die Kunden ihren Entwurfswunsch an die Anstalt schickten und die Firma danach die entsprechenden Marken prägte.

Die Firma Brauereibedarf Eberle in Nürnberg war Mittelsmann für kleinere Kunden, die über ihr Geschäft die Marken bestellten und dies auch heute noch tun. Diese benutzen dann nicht unbedingt speziell für ihren Betrieb geprägte, sondern anonyme Marken.[23] Generell kann man aber sagen, dass Biermarken hauptsächlich von Brauereien bei den Prägeanstalten bestellt und dann an die Gastwirtschaften ausgegeben wurden.[24] Findet man Marken von speziellen Gasthäusern, gibt es oft nur eine geringe Auflagezahl.

Biermarken heute

Dem Biermarkensystem ein Ende setzte in den meisten Wirtshäusern die Registrierkasse. Sie nahm Schritt für Schritt in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute ihren Einzug in die Gasthäuser. Mit ihr entfielen aber auch die langen Sitzungen am Ende eines Arbeitstages, in der Wirt und Bedienung über der Abrechnung der Biermarken brüteten. Eine mühsame Rechnerei nach Arbeitsschluss, auch wenn, wie im Gasthaus der Familie Rank in Gnodstadt (Lkr. Kitzingen), dafür eine Additionsmaschine benutzt wurde. Oft bestanden Zweifel seitens der Bedienung, dass die Rechnung nicht stimmte.

Schafften die Wirtsleute keine Registrierkasse an, wurden die Biermarken häufig durch ein Bonbuch ersetzt. Im Fall des Brauerei-Gasthofes Düll in Gnodstadt setzte dies die Bedienung in den 1980er Jahren durch, die dieses System als einfacher erachtete. Das war auch die Zeit, in der in den meisten Betrieben die Arbeit mit den Biermarken ihrem Ende zuging. In der Münzprägeanstalt Poellath wurden die letzten Marken in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren gefertigt.

Obwohl es die Biermarken im alltäglichen Wirtshaus- und Brauereigebrauch nicht mehr gibt, ist sie auch heute noch nicht gänzlich „ausgestorben“. Das berühmteste Beispiel ihrer Nutzung ist das Münchner Oktoberfest, wo sie in den großen Festzelten genutzt wird. Die Bedienungen kaufen zu Beginn ihrer Schicht dem Festwirt Biermarken ab. Es gibt jedes Jahr andere Marken, so dass sie im nächsten Jahr nicht noch einmal verwendet werden können. Hinter der Schänke stehen zwei Personen, die die Marken entgegen nehmen und in ein Kästchen werfen. Dabei wird kontrolliert, ob die Bedienung auch wirklich die entsprechende Menge an Biermarken abgibt. Anhand der übrig gebliebenen Marken in ihrer Tasche kann sie ihren Verkauf errechnen. Reserviert ein Gast schon in den Wochen vor der Wiesn einen Platz/ eine Boxe beim Festwirt, erhält er einen Papiergutschein. In diesem Fall muss die Kellnerin keine Biermarken mehr verwenden. Mit dem Gutschein erhält man zwei Maß und ein Hähnchen, wahlweise kann er mit Bedienungsentgeld oder ohne Trinkgeld gekauft werden.[25]

Wie auf dem Oktoberfest befindet sich das Biermarkensystem auch noch auf anderen kleinen und großen Festen im Gebrauch. So ist beispielsweise der Musikverein in Gambach (Lkr. Main-Spessart) heute noch ein treuer Kunde des Brauereibedarfes Eberle, wenn es um Marken für das nächste Weinfest geht.

Die Marken werden auch heute noch von den schon erwähnten Münzprägeanstalten bezogen. Manche gibt es mittlerweile nicht mehr. Unter denen, die überlebt haben, befinden sich die Anstalten Lauer und Arld, die heute noch produzieren. Die Marken sind immer noch in allen drei Materialrichtungen Aluminium, Messing, Kunststoff erhältlich. Nach Aussage des Brauereibedarfes Eberle geben die Kunden aber den Plastikmarken den Vorzug. Im Gegensatz zu Aluminium- und Messingmarken färben sie nicht ab und lassen sich leichter vom übrigen Geld im Geldbeutel der Bedienung unterscheiden. Außerdem gibt es die Plastikmarken in verschiedenen Farben, so dass jede Bedienung ihre eigene Farbe erhalten kann, was sich als Vorteil in der Abrechung erweist.


[1] Frdl. Hinweis von Herrn Bald, Lohrer Spessartmuseum.

[2] Schardt 1993-95 (Typoskript).

[3] Schardt 1993-95 (Typoskript).

[4] Schardt 1993-95 (Typoskript).

[5] Frdl. Hinweis von Frau Woityschyn der Firma Brauereibedarf Eberle, Nürnberg.

[6] Frdl. Hinweis von Herrn Kleinschroth, ehem. Brauerei Kleinschroth, Kitzingen.

[7] Frdl. Hinweis von Herrn Stahl, Münzsammler, 61381 Friedrichsdorf.

[8] Ders.

[9] Ehrend, Helfried: Speyerer Biermarken, in: Speyerer numismatische Beiträge, 1/1996, S. 7.

[10] Frdl. Hinweis von Herrn Schardt.

[11] Ehrend, S. 7.

[12] Frdl. Hinweis von Herrn Schardt.

[13] Frdl. Hinweis von Frau Rank, Brauerei-Gasthof Düll, Gnodstadt.

[14] Frdl. Hinweis von Herrn Kleinschroth, Mainstockheim.

[15] Ergänzung des Artikels im Februar 2009 nach frdl. Hinweisen von Thomas Möhler und Peter Henseler, Lohr.

[16] Frdl. Hinweis von Herrn Hofmann, Wernfeld.

[17] Frdl. Hinweis von Herrn Sotier, Großwenkheim.

[18] Frdl. Hinweis von Frau Rank, Gnodstadt.

[19] Frdl. Hinweis von Herrn Kleinschroth, Kitzingen.

[20] Ders.

[21] Schardt 1993-95 (Typoskript).

[20] Ehrend, S. 9.

[23] Frdl. Hinweis von Frau Woitschyn, Brauereibedarf Eberle, Nürnberg.

[24] Ehrend, S. 27.

[25] Frdl. Hinweis von Frau Groll, Pschorr-Bräurosl-Festhalle, Oktoberfest München.