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Institutionelle Jubiläen im modernen Sinne werden in Deutschland erstmals im 19.Jahrhundert gefeiert: militärische Siege, die Gründungstage nationaler Einrichtungen wie etwa die Reichsgründung von 1871 oder 1883 das fünfundzwanzigste Regierungsjubiläum des alten preußischen Königs und neuen Kaisers Wilhelm I. Zum Ende des 19.Jahrhunderts wurden die Errichtung von Denkmälern und Museumsneugründungen neben historisierenden Umzügen, Festbanketten, Festschriften oder Jahrmärkten zum wichtigsten Inventar der Feier historischer Jubiläen. Nahezu jeder noch so kleine Ort errichtete nun Gedenktafeln, Kriegerdenkmäler und nutzte gerade oder ungerade Jubiläen zu ihrer Einweihung. Die Festformen des 19.Jahrhunderts prägen auch heute noch weitgehend historische Jubiläumsfeste.6

»Jubiläumsrausch im Hinterland« 7

Historische Jubiläen erfreuen sich inzwischen derartiger Beliebtheit, dass mancherorts sogar ein l0-jähriges, ein 15-jähriges oder ein 20-jähriges Vereinsjubiläum aufwendig mit Festzug, dem obligatorischen Festzeit und einer Festschrift begangen wird. Geht es hier noch um den Rückblick auf das Bestehen einer Gemeinschaft, deren Anliegen und Ziele, oder nur noch um Stimmung im Bierzelt und das Auffüllen der Vereinskasse? 8
Ortsjubiläen sind von derartigen Tendenzen noch nicht so stark betroffen. Dennoch gerät bei oll der Aktivität manchmal der Jubiläumsanlass in den Hintergrund.


Auch wenn die historischen Grundlagen eher im Dunklen liegen 9, erlauben Ortsjubiläen einer Gruppe, sich auf ihre Herkunft zu besinnen, Bilanz des Erreichten zu ziehen und sich zu einer festlichen Gemeinschaft zusammenzufinden. Schon die Planung eines Ortsjubiläums bietet die Gelegenheit, über den Horizont der alltäglichen Beschäftigung und Lebenskreise hinaus zu sehen. Eine Ausstellung zur Dorfgeschichte ist für die Beteiligten ein guter Grund, sich intensiver mit ihrem Heimatort zu befassen. Die Öffentlichkeitswirksamkeit eines solchen Unterfangens rückt den Ort und seine Geschichte, also den Jubiläumsanlass selbst, in den Vordergrund.



6 Vgl.: Fontaine, Jork de la (Hg.): Das Firmenjubiläum. Marketing-Kommunikation zu einem besonderen Anlaß. Für Unternehmen, Verbände und Institutionen. Neuwied/Kriftel 1999, hier: S. 9-12.

7 Der Begriff ist entlehnt aus: Speckmaier, E.: Jubiläumsrausch im Hinterland, In: Die Zelt, Nr. 33, v. 11.08.1989, S. 34.

8 Vgl. Roth, Hans: Die Inflation der Jubiläen und Feste. In: Schönere Heimat 87 (1998), S. 239-240.

9 Nur selten stehen archivalische Zeugnisse für die Gründung eines Dorfes zur Verfügung. Wenn sich kein festes Datum greifen lässt, bildet die früheste urkundliche Erwähnung eines Ortes den Anlass für ein Jubiläum. Die schriftliche Erstnennung gilt es im Vorfeld zu überprüfen und von Fachleuten bestätigen zu lassen. Vgl. dazu: Heeg-Engelhart, Ingrid: Grundlagen der Forschung. In: Themenheft »Historische Jubiläen«: Forum Heimatforschung. Ziele - Wege - Ergebnisse, Sonderheft 1, hg. v. Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e.V., München 2000 (im Druck).