Marckt. Markgelt, Mess.
15.-16. Jhd.
Zu der Zeit, in der die Eltern des Lorenz Fries zum Christlichen Glauben bekehrt werden, gibt es weniger geweihte Pfarrer und Priester, als es zu seiner gibt. Daher müssen die außerhalb wohnenden Gläubigen an den Sonntagen und Feiertagen teilweise bis zu drei Meilen laufen, um Messe feiern und eine Predigt hören zu können. Zu diesen gesellen sich auch etliche Bäcker, Wirte, Köche, Krämer und andere Gewerbetreibende, um den ankommenden Menschen Brät, Fleisch, Getränke, Tücher, Hausgeräte und Werkzeug zu verkaufen. Da beim gemeinen Mann bezüglich der Messe und Predigt die Vorstellung vorherrscht, dass die des Bischofs besser und heilsamer als die der gemeinen Pfarrer sind, laufen die Leute oft zu den hohen Festtagen in die Bischofsstädte, um von den Bischöfen die Predigt und Messe zu hören. Deswegen zieht die Bischofsstadt das Gewerbe und die Händler stärker an, als die Pfarrei. Daraus folgt kurze Zeit später, dass man nicht nur das singen, losen und andere Dinge, die man zuvor nur in der Kirche getan hatte, als Messe bezeichnet, sondern auch den Markt, auf dem Handel und Gewerbe betrieben werden. Diesem Beispiel folgen auch etliche andere Reichsstädte und nennen ihren Markt Messe. Daher kommen die Bezeichnungen Würzburger Messe (Wirtzburgermess), Straßburger Messe (Strasburgermess), Frankfurter Messe (Frankfurtermess), Nördlinger Messe (Nordlingermess), Rothenburger Messe (Rotenburgermess) etc. Fries kritisiert die Aufweichung des Messbegriffs subtil.
Exzerpt:
Vor Jaren als unsere Elteren zu dem hailigen Christen glauben bekert worden, sein nit souil pfarhen noch priester gemest, als vber etliche Jahre hernach, oder zu vnseren zeiten, sunder haben die weitgesessene pfarkinder, an den Sontagen vnd gebanten feirtagen etwan aine, zwo, oder trei meil wegs in ire pfarhe gehen müssen, das Gotswort vnd Mess zuhören. Dahin fügten sich auch etliche Becken, wirte, köche, krämere vnd andere handtuer, den ankomenden leuten Brat, flaisch, getrank, tuech, hausgerait vnd allerlei durfftigen Werkzeug vnd ware zuuerkauffen vnd dargegen gelt zulösen. Dieweil auch der wane, so allenthalben bei dem gemainen manne gewaltiglich herschet, dafur hielte, das der Bischofe Messe vnd predige etwas bessers vnd hailsamer weren, dass der gemainen pfarheren, lieffen die leute vilmal vf die hohen feste in die Bischoflichen stete, von den Bischofen selbs predig vnd mess zuhören. Da wurden auch die gewerbe vnd händele etwas statlicher [gestrichen: ge999ben] vnd tapferer getriben dann in den pfarhen. Daraus in kurtzer zeit volgte, das man nit allain
[102v] das singen, losen vnd andere ding, so man vor essons in der kirche verrichtet, sunder auch den markte, das ist den handel vnd gewerbe mit kauffen vnd verkauffen Messe nennet, dem dann etliche Reichsstete nachuolgten, vnd ire Markte auch Messe hiessen, daher komen Wirtzburgermess, Strasburgermess, Frankfurtermess, Nordlingermess, Rotenburgermess etc so man solch artiger Mess dann Mess spreche.
Kommentar:
Die Datierung orientiert sich aufgrund der erwähnten Verwandtschaftsverhältnisse an den Lebensdaten des Lorenz Fries.
Es ist keine Quelle angegeben.
Da die Bezeichnung
handtuer nicht eindeutig identifiziert werden kann, wird sie als allgemeiner als Gewerbetreibende übersetzt.
Fundort in der Hohen Registratur:
Standbuch 1012, Folio: 102r/102v, Schreiber: Lorenz Fries
Digitalisat: