Castell die graveschafft dem stifft Wirtzburg zu lehen gemacht
24.10.1457
Wilhelm II. von Castell ist dermaßen verschuldet, dass er nicht mehr seinem Grafenstand entsprechend leben kann. Da ihm das jährliche Dienstgeld von 200 Gulden nicht reicht, bittet er Bischof Johann von Grumbach, ihm, seiner Frau und seinem Sohn ein angemessenes Leibgeding zu gewähren. Im Gegenzug würde er dem Hochstift seine Grafschaft als Lehen auftragen. Bischof Johann nimmt dieses Angebot an. Beide Parteien wählen als Schiedsmänner Graf Georg von Henneberg, Graf Ulrich von Helfenstein, Hofmeister Georg Fuchs von Schweinshaupten (Georgen Fuchs von Sweinshaubten hofmaister)und Ritter Georg Fischlein, welche folgenden von beiden Parteien gebilligten Vertrag aufsetzen:
Graf Wilhelm von Castell soll die Grafschaft Castell mit deren Schlössern, Städten, Märkten, Dörfern, Höfen, Weilern, Vasallen (manschafft), geistlichen und weltlichen Lehen, Zöllen, Geleiten, Wildbännen und allen anderen Zugehörungen ohne jede Ausnahme dem Hochstift Würzburg als Lehen auftragen und für immer als Mannlehen empfangen. Falls die Grafen von Castell in männlicher Linie aussterben, sollen die Lehen an das Hochstift heimfallen.
Wegen der Lehen, die vom Reich verliehen werden, sollen beide Parteien Friedrich III. darum bitten, dass er die Lehen an Bischof Johann verleiht und dieser wiederum als Afterlehen an Graf Wilhelm. Mit den Lehen, die Graf Wilhelm ohnehin vom Hochstift empfängt, soll verfahren werden wie bisher.
Bischof Johann und dessen Nachfolger haben das Recht, von Castell verpfändete Güter abzulösen.
Der Würzburger Bischof muss weiblichen Angehörigen des Hauses Castell nur auf deren Lebenszeit die Lehen bekennen.
Die Grafen von Castell sollen ohne Bewilligug eines Würzburger Bischof weder Güter verkaufen noch die Pfandsumme verpfändeter Güter erhöhen.
Im Gegenzug soll Bischof Johann ein jährliches Leibgeding von 500 Gulden an Graf Wilhelm, dessen Ehefrau Anna und Sohn Friedrich auf deren Lebenszeit bezahlen.
Exzerpt:
Obgemelter grave Wilhelm von Castell, was in merklichen unrath und schulde gewachsen, also das er seinen graven stand nit wol mer furen kante. So wolten die angeregten 200 fl. jherlichen verschriben dienstsgelts [Einfügung: ime] nit klocken, darumb er bei bischofe Johannsen von Grunbach ansuchte, das er ime, seiner gemahel und sune ain zimlich leibgeding geben, so wolte er dem stiffte W. die graveschafft Castell zu lehen machen. Das bewilligt bischof Johanns uff bellich erkantnus, und gaben bede taile zu schiedsmenneren grave Georgen von Henneberg, grave Ulrichen von Helfenstain, Georgen Fuchs von Sweinshaubten hofmaister und Georgen Fischlein ritere, die viere machten mit beder tail gutem wissen und willen disen vertrag:
Das grave Wilhelm von Castell die graveschafft Castell mit iren slossen, steten, mercken, dorferen, hofen, weileren, manschafft, lehenschafften gaistlichen und weltlichen, zolln, glaiten, wildbannen und allen zugehorungen, nichts ausgenomen, [Einfügung: dem stifft W. zu aigen ufgeben und] hinfur ewig zu manlehen entpfangen und tragen.
Und wa er on menliche leibslehenbar erben mit dot abging, dieselben lehen dem stifft ledig haimfallen.
Was auch [146v] solcher lehen von dem reich zu lehen gingen, sollten beide tail bei kaiser Fridrichen ansuchen und biten, das er die bischofe Johannsen leihe und bewillige, das grave Wilhelm die furter vom stifft zu affterlehen entpfange. Was aber grave Wilhelm vor vom stifft zu lehen tregt, dabei solle es bleiben wie von alter herkomen [gestrichen: ist].
Das bischoff Johanns und seine nachkomen die versetzten gutere der graveschafft wider ablösen mögen.
Das die bischofe zu Wirtzburg der graven zu Castell weiben und dochtern nit ferner noch weiter bekennen solle dan ir leben lang, und das dannoch die gutere daruf bekannt wurde, des tritentails besser sein solle dan die bekanten summa.
Das die graven von Castell von irer graveschaffte und derselben zugehorungen weder wenig noch vill verkauffen, noch die pfandschafften hoher machen sollten on vorwissen und bewilligung aines bischofs.
Dargegen sollte bischof Johanns grave Wilhelmen von Castell frawen Annen, seiner gemahel, und grave Fridrichen, seinem sune, ir treier lebtag aus jherlichen 500 fl. Zu leibgeding geben und bezalen lassen. Ist beschehen montags vor Sant Simon und Judas tag anno 1457. Registrata im Castellischen buch fo. 4.
Kommentar:
Or.: StA Würzburg, W.U. 34/92a
Fundort in der Hohen Registratur:
Standbuch 1011, Folio: 146r/146v, Schreiber: Lorenz Fries
Quellenverweis in der Hohen Registratur: Die angegebenen Quellen und Signaturen beziehen sich auf die archivalische Systematisierung des 16. Jahrhunderts. Diese entsprechen nicht den modernen Signaturen.
Castellisches Buch f. 4
Digitalisat: